MORPHEUSREISEN

auf der straße des lebens

Kategorie-Archiv: 2011/02 Myanmar

Vier Stunden Myanmar

Als „Visa-Run“ bezeichnet man, das kurzzeitige Ausreisen aus einem Land, in ein benachbartes, um bei Wiedereinreise eine erneute Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.

Eben dieses führt uns am 19. Februar in das Hafenstädtchen Ranong, das hier an der thailändischen Andamanenküste das Tor nach Kawthoung, einer Insel, die zum Einzugsgebiet Myanmars gehört, ist.

Der Ort versprüht ein etwas verruchtes Flair. Ganz so, wie man es sich an einer solchen Schnittstelle eben vorstellt. Auf den belebten Straßen fahren „Sawngthaews“, zu Mehrmann-Taxis umgebaute Geländewagen auf und ab, in denen Frauen mit weiß geschminkten Wangen sitzen, aus den mit Sonderrabatten lockenden „Hot Pot Fressstuben“ tönt laute Rockmusik und in der “Walkingstreet“ werben grell leuchtende Aushängeschilder um das Multikulti-Publikum.

Schon die Lage des Passkontrollgebäudes verspricht einen aufregenden Nachmittag.
Zwischen Körben voller riesiger Thunfische, die uns mit ihren toten Augen fast ein bisschen vorwurfsvoll entgegenglotzen, aufgereihten Garküchen und etlichen ohrenbetäubend knatternden Longtailbooten, die im schmutzigen Wasser auf Kundschaft warten, muss man nur den großen roten Pfeilen folgen, um 10 Minuten später den erhofften Ausreisestempel ausgehändigt zu bekommen.
Wir engagieren vom Fleck weg einen sympathischen alten Mann, der uns den Eindruck vermittelt, er könne uns souverän über die Offene See bringen, da er ja so weise wirkt.
Leider steigt er einige Minuten, nachdem er unter aller körperlicher Anstrengung das Boot vom Hauptpier wegbewegt hat, wieder aus, ein neuer Kapitän steigt zu und wir sind um die Erfahrung reicher, dass man mit ca. 80 Jahren als „Schlepper“ der jungen Konkurrenz noch was vormachen kann. (Schmunzeln)
Der Bootsjunge, ein zehnjähriger Burmese namens Ali, reicht uns Sonnenschirm und Schwimmweste, und schon nimmt die feuchte Fahrt vorbei an Pfahlbauten, Fischerkähnen, goldenen Standbildern und schwimmenden Militärposten ihren Lauf. Eine halbe Stunde dauert die Schaukelpartie.

Auf der nahezu komplett abgeholzten Insel angekommen, werden wir vom nächsten „Schlepper“ in Empfang genommen, der uns dabei hilft (?) die Einreiseformalitäten zu regeln und angeblich dafür sorgt, dass wir unsere Pässe für die paar Stunden Aufenthalt behalten dürfen. Zehn Dollar muss jeder von uns für die Bearbeitung bezahlen.

In Begleitung von Ali und …unseres neuen „Aufpassers“, machen wir am erstbesten Restaurant halt und testen die einheimische Küche. Einfach und lecker und vom Tisch aus können wir ungestört das Treiben auf der Straße verfolgen. Auffallend sind die großen, weiß-gelblichen Flecken, die sich fast jeder hier aufs Gesicht malt. Ali meint das Puder diene dem Schutz vor der Sonne, doch irgendwie glaube ich, steckt noch mehr hinter diesem Schmuck…
Danach machen wir einen Bummel durch die quirligen Gassen, sehen uns die Ladenauslagen an und freuen uns über die selbstverständliche Freundlichkeit der Leute, die uns hier begegnen. Jeder hat ein Lächeln für uns übrig, grüßt, und alle bestaunen natürlich unseren Blondschopf. Sogar Gaia lässt sich von der friedlichen Atmosphäre anstecken und es dauert nicht lang bis sie unserem jungen Begleiter hinterher rennt und ruft: “Ali, Ali, Hand geben!“
Und dann muss der Arme sie auch noch hunderte Stufen zur Goldenen Stupa hinauf tragen.
Wir freuen uns über ihr Zutrauen und auch Ali scheint für heute gern mal „großer Bruder“ zu sein.
In der Nähe des buddhistischen Heiligtums findet gerade eine Feier statt und wir werden gebeten am bunten Treiben teil zu nehmen. Ein Junge, dessen Kostüm mit Geldscheinen verziert ist, führt, umgeben von einer jubelnden Menge und begleitet von wilder Live-Musik traditionelle Tänze auf. Sofort reicht man uns eine Flasche Wasser, bietet uns einen Sitzplatz in der vordersten Reihe an und die Zugabe der weiblichen Tanzgruppe erfolgt sicher auch ein bisschen aufgrund unserer Kamera.
Dann wird Ali langsam unruhig, und fragt, ob wir uns nicht langsam wieder Richtung Pier aufmachen wollen. Er scheint sich auf wackeligen Planken sicherer zu fühlen, als auf hartem Boden. Also machen wir uns auf den Abstieg, halten hie und da noch ein kleines Schwätzchen, genehmigen uns einen Becher Zuckerrohrsaft (pappsüß) und sitzen mir nichts dir nichts wieder im gecharterten Kahn.

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Ein wenig wehmütig verlassen wir eine halbe Stunde später mit der zufrieden eingeschlummerten Gaia den winkenden, kleinen Ali und die Hafenszenerie, und malen uns aus, wie es wohl wäre, wenn wir mit dem 710er durch Myanmar reisen dürften!

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