Der Kumbum von Pelkhor Chörten
Eine weitere Nacht auf rund 4000 Metern wäre mit Hilfe eines gemütlich vor sich hin prasselnden Feuers gut überstanden und wir machen uns gleich nach dem Aufstehen zu Fuß in Richtung des Pelkhor Klosters in Gyangze auf. Die frische Morgenluft schmeckt nach Feuerholz, die ersten Holztüren der Steinhäuser werden gerade einen Spalt weit geöffnet, schwere Baumwollvorhänge mit den Applikationen des Endlosknotens beiseite gerückt. Einige räudige Straßenköter liegen noch faul im Licht der ersten Sonnenstrahlen um die Ecke und begrüßen den Tag mit einem großen Gähnen.

Frauen mit nach hinten geflochtenen langen schwarzen Zöpfen, die mit Türkisen und Korallen herrlich geschmückt sind, schlendern in ihren typisch tibetischen, bunt gewebten Überschürzen vor uns die Gehsteige her und dort, wo der Bereich um die Eingangspforten bereits etwas aufgewärmt ist, sitzen Männer mit Fellmützen, oder roten Bändern im Haar und schlürfen genüsslich den ersten Yakbuttertee des Tages.

Auf dem alten Pflaster begegnet uns ein Mehlverkäufer, der seine Ware sackweise von einem Eselskarren herunter verkauft und wir halten kurz ein, um sein festlich geschmücktes, kleines graues Pferdchen eingehender zu betrachten.

Vor den weit geöffneten, einladenden Toren des Klosters werden soeben die Verkaufsbuden eingeräumt, in denen der interessierte Besucher später Milchtee, Gebäck, Gebetsfahne, Räucherwerk, Mönchsgemälde und Cd`s mit meditativem Gesang erstehen kann. Nur ein Foto fehlt in dieser Szenerie…

Nach dem Drehen der Gebetstrommeln am Eingang betreten wir einen geräumigen, menschenleeren Innenhof, von wo aus schon der Gesang gedämpfter Männerstimmen aus dem Inneren eines großen, quadratischen Gebäudes direkt vor uns zu vernehmen ist. Also folgen wir den verlockenden Klängen und einer tibetischen Familie, die mit Thermoskanne und Butterleuchten als Mitbringsel bedächtig über die Schwelle schreitet.

Im Hauptsaal sitzen an einer langen flachen Holztafel aufgereiht junge Mönche im Schneidersitz zu Füßen eines Bildnisses ihres Ordensführers am Boden. Sie tragen Bordeaux farbene Gewänder, die um ihre Leiber geschlungen sind und ockerfarbene Kappen, die ihre Zugehörigkeit anzeigen auf den Köpfen und der ein, oder andere schiebt sich während der Zeremonie noch schnell einen Happen Frühstücksgebäck in den Mund. Die das ganze Gebäude erfüllenden, kehligen Laute erinnern uns schwer an einzigartige Melodien aus der Mongolei, an die wir uns in Tibet schon häufiger erinnert fühlten und eine andächtige Stimmung lullt uns ein. Die Luft ist geschwängert vom Duft schweren Räucherwerks und wir begeben uns auf die Reise durch die düsteren und faszinierenden Hallen, die sich um den Hauptsaal herum verteilen.




Beim Verlassen des Gebäudes schmerzen die Augen ein wenig beim Anblick des strahlend blauen Himmels und der Vorhof ist in der Zwischenzeit um einige einheimische Besucher reicher. Noch immer ist es jedoch andächtig still, nur gemurmelte Mantras dringen einem ans Ohr, das Schleifen der Gebetstrommeln, wenn man sie in Bewegung versetzt.
Der buddhistische Glauben der Tibeter geht einher mit fortwährender Bewegung. Die Gebete (Mantras) werden hörbar immer wieder rezitiert, Gebetstrommeln müssen gedreht werden, ob mitgeführt in der Hand, oder um spezielle Orte angeordnet und durch im Wind flatternde Fahnen sollen sich Segnungen über die Luft im ganzen Universum verteilen. An zahllosen Wasserläufen im Land stehen befestigte und beschriftete, große Trommeln nie still, gleich Wasserrädern…

Direkt neben dem Haupttempel erwartet uns im Anschluss die mit Buddhas Augen in die Welt blickende, goldene 571 Jahre alte Stupa, der Kumbum, der 4 Etagen umfasst, in denen 108 Kapellen untergebracht und 10 000 Wandbilder zu betrachten sind. Ein beeindruckendes Kunstwerk! Weiße Tauben umkreisen den Turm, Betende werfen sich vor einem kleinen Feuer vor dem Eingang nieder, eine Frau mit einem kleinen Kind dessen Hand starke Verbrennungen aufweist, kommt auf uns zu und klagt ihr Leid.

Auf eine Gruppe Menschen, die das Heiligtum verlässt, folgt ein Mönch, der ein Bündel Geldscheine zählt, um anschließend die Bettelnden zu vertreiben. Das vermittelt keinen sehr überzeugenden Eindruck, denn einem Mönch ist weder das eine, noch das andere gestattet. Aber wahre Überzeugung und innige Verbundenheit haben wir in Tibet auch nicht im Innern eines Tempels, oder bei den „Verantwortlichen“ gefunden, sondern überall anders. Angeblich soll die Eingliederung der Klöster, die Anpassung der Mönche mit der Zahlung eines nicht unerheblichen Gehalts funktionieren…

„Emancipate yourselves from mental slavery
None but ourselves can free our minds
Have no fear for atomic energy
Cause none of them can stop the time
How long shall they kill our prophets
While we stand aside and look
Some say it’s just a part of it
We’ve got to fulfill the book
Won’t you help to sing, this song of freedom…“(Bob Marley)
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