MORPHEUSREISEN

auf der straße des lebens

Kategorie-Archiv: 2012/05 China III

Der Torugart Pass

Grenze: China – Kirgistan

Dank diverserer weiterer Wutausbrüche von „Ali“ aufgrund von (unserer Meinung nach) kulturell bedingten Verständigungsschwierigkeiten mit einigen Konvoijoten und der schlussendlichen Ablehnung seiner Aktionen und Reaktionen von Seiten der gesamten Gruppe, fahren wir schließlich mit einem neuem Guide bestückt (es wiederholt sich so Manches) zur chinesisch kirgisischen Grenze auf dem Torugart Pass, über nur mehr zarte 3752 Meter.

Das Wetter ist bescheiden, wir kommen vom Regen, über Schlamm-Matsch, in den Schnee, es wird kalt und kälter, doch für heute haben wir uns ganz fest vorgenommen uns entsprechend zu benehmen; nicht dass man uns nicht mehr raus lässt 😉 (Wahrscheinlicher ist, dass wir es jetzt geschafft haben dürften, nicht mehr rein zu dürfen!)

Im Schnee

Schneemann
Also dann: Artig Aussteigen, das Immigrationsgebäude erst nach Aufforderung betreten, hinter der gelben Linie warten, nach Verlangen brav zu den Fahrzeugen zurück gehen, die Dreckwäsche holen und zur Kontrolle her zeigen (aus Versehen explodiert das Feuerzeug eines Begleiters in dessen Hosentasche, doch zum Glück nur von uns mit Erschrecken bemerkt), Fahrer zur Passkontrolle durchlassen, alle anderen mit Gruppenvisa kommentarlos durchlassen („Hallo, ich bin schwanger und will mir hier nicht ewig die Füße in den Bauch stehen!“) (von der Zollinspektion, die derweil schon im Gange ist, kriege ich gar nichts mit), Kind zur Ruhe auffordern, in die Kamera lächeln, Lachen verkneifen, als ich bemerke, dass die „Satisfaction – Box“ (siehe China I) just in diesem Moment ausgeschalten und noch dazu ausschließlich auf chinesisch beschriftet ist, 5 Minuten auf kalten Plastikstühlen verharren und die chinesischen „Prinzessinnen“ (laut Gaia) auf einem Riesenmonitor bewundern, 5 Minuten in der Kälte vor dem Hintereingang abwarten, bis alle Pässe nochmals eingesehen wurden (wie erwähnt hat die Verwaltung Schwierigkeiten damit, dass wir in verschiedenen europäischen Ländern beheimatet sind), und nach kaum 2 Stunden sind wir wieder „frei“.

Und vielleicht weil wir heute gar so artig sind, verlangt auch keiner der Uniformierten am nächsten und übernächsten, bzw. letzten militärischen Checkpoint mehr von uns bei dem miesen Wetter auszusteigen, oder zeigt überhaupt ein Interesse daran einen Blick auf die Inneneinrichtung zu werfen.

Schneller als erwartet steht der neue, „coole“ Guide vor Wolfgangs Fenster und drückt ihm zum Abschied einige Aufkleber der Reiseorganisation als nette Erinnerung in die Hand.
„Good bye!“ „Good bye!“ Einer nach dem anderen passieren wir den Stacheldrahtzaun auf der Passhöhe, vor dem zwei gefährlich drein blickende schwarze Hunde Wache stehen und müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass wir genau an dieser Stelle, bei diesem fantastisch, feuchten Wetter nicht nur China und die Chinesen, sondern auch die tollen chinesischen Straßen auf ein Neues hinter uns lassen. Zum Glück gibt`s 4×4!

Schlammschlacht

Kashgar

In der Hauptstadt der Uiguren

Diesmal: in 7 Tagen durch China. Das hört sich nach sehr wenig Zeit an, nach zu wenig Zeit.
Minus 1 Tag Verspätung. Minus 1 Tag Passüberquerung und Grenzabfertigung; macht unter`m Strich 5 Tage Zeit für China, die wir letztlich aufgrund diverser organisatorischer Hürden dann auch noch in einer der riesigen Städte des Landes – Kashgar, der inoffiziellen
Hauptstadt der Uiguren verbringen müssen.

Zu Beginn, welch unvereinbarer Kontrast zwischen Stadt und Land. Während die meisten Menschen in den Dörfern das traditionelle Dasein von Bauern und Viehhirten leben: adrette Damen in eng geschnittenen Kostümen mit aufwendig gearbeiteten, glitzernden  Kopfbe-deckungen und Stöckelschuhen laufen stolz die Straßen und Wege entlang, der karge, schwer nutzbare Boden ist dünn besiedelt, doch der Nase und den Augen nach zu urteilen völlig überweidet von Yakherden, reges Interesse, sobald wir anhalten,…

…präsentiert sich Kashgar auf den ersten Blick laut, überfüllt, modern, in Eile.

Das verleitet mich zuallererst dazu mich im Laster zu verbarrikadieren, nachdem wir endlich einen (bzw. 7) Stellplatz(e) im Zentrum ergattern konnten und mir nach all dem „Stress“ eine heiße Dusche zu gönnen. Im friedlichen Schein der abwechselnd rot, blau, gelb, pink, lila, grün leuchtenden Neonlichter des benachbarten Hotels entschlummern wir am 2. Tag einem nochmals ganz anderen China, als bereits gesehen.

Mächtig, gut geputzt und mit einem wohl wollenden Lächeln versehen, prangt der ewige Held der Nation – Mao Zedong am Kopfende des von großen, roten Laternen eingefassten Hauptplatzes der Stadt, alles überflügelnd und erstaunlicherweise…gen Westen deutend. Was das wohl wieder bedeuten mag? An dieser Stelle also alles wie gehabt: chinesische Großstadt, ausnahmsweise mit blauem Himmel bedeckt, aber auch weiterhin ohne nennenswerte, individuelle Straßenkunst.

Doch nur wenige Schritte weiter kann man sich, um ganz genau zu sein hinter Maos Rücken auf die Suche nach den gelebten Überresten einer alten, islamisch geprägten Kultur machen. Nur einige Schritte vom offiziellen „Zentralplatz“ entfernt beginnt die Altstadt, das Herz von Kashgar, die Welt der Uiguren.

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Thanks to our friends from jusalulu.com for the really nice pictures! We miss you!

Konvoi contra Kontrollapparat

Khunjerab Pass China

 Wir sehen mal wieder Rot! Naja, eigentlich weniger wir, als viel mehr einige unserer Kurzzeitreisegefährten mit weniger Chinaerfahrung.

 So landschaftlich wunderbar und gefühlsmäßig euphorisch die ersten 120 Kilometer durch das Uigurenland sein mögen: Murmeltiergesänge zur Begrüßung auf 4700 Metern; ein nur leichter Höhenrausch, wie beschwipst, ohne negative körperliche Begleiterscheinungen; eine sich vollständig von der „anderen Seite“ des Gebirges unterscheidende Umgebung, deren hügelige, weite Sandlandschaft, einem das Gefühl gibt, man sei auf einem anderen Planeten gelandet…, umso anstrengender gestaltet sich das offizielle Einreiseprozedere:

 Von der Passspitze auf dem Khunjerab aus, wo die Fahrzeuge lediglich einem kurzem sporadischen Polizei-Check unterzogen werden bis nach Taxorghan, der ersten „Han-Stadt“, etwas niedriger gelegen, sitzen nur drei Uniformierte mit leichtem Geschütz mit auf den Böcken. Mitten auf der Hauptstraße, vor dem Grenzabfertigungsgebäude, müssen alle Fahrzeuge stoppen und die Fahrer begeben sich mit den Ausweispapieren zur Vorab-anmeldung (obwohl mittlerweile das gesamte Militär der Umgebung nach dem Versand diverser Fotos per neuester Modelle eines aufstrebenden Hard- und Softwareanbieters von unserer Ankunft unterrichtet sein dürfte). Gut, der normale bürokratische Ablauf eben…nur der kleine pubertierende Möchtegern-Polizist, der von der anderen Straßenseite mit verbissener Miene herüber gesaust kommt, um zu versuchen meine Tür aufzureißen (die ich reflexartig sofort verriegele), passt nicht ganz ins Bild.

Mondlandschaft Uigurengebiet

Nach einigen Minuten dürfen wir die Zufahrt passieren und kommen schön ordentlich aufgereiht vor der Desinfektionsschleuse wieder zum Halten. Aaaah, endlich! Kurz aussteigen, Luft holen, das WC aufsuchen, nach einem zehn Stunden Tag die Füße strecken, …und schon schallt ein barscher Schrei durch die Lüfte: „Zurück in die Autos!“

Als aus jedem der sieben verdreckten Wagen mindestens ein schmuddeliger Europäer hüpft und irgendwo hin läuft, ist`s um die asiatische Zurückhaltung geschehen. Meine erste spontane Reaktion auf diese Maßregelung: ein herzhafter Lacher. Folge: Erster Wutausbruch unseres Guides. Entschuldigung, aber so was hatten wir schon lange nicht mehr und noch herrscht Ausnahmezustand!

 Um das Ganze jedoch nicht unnötig in die Länge zu ziehen, fügen wir uns, begeben uns zurück auf unsere Plätze und bringen das Entkeimungsbad für umgerechnet 15 Euro hinter uns (da führt kein Weg vorbei). Daraufhin kommen wir etwas wilder formatiert auf dem Zollhof erneut zum Stehen. Zweiter Versuch auszusteigen. Vereinzelte Beschwerden in Form von: “Wie 15 Euro, das zahlen wir nicht, das Alles war bereits teuer genug!“  „Zurück in die Autos!“ „Wollt ihr uns sonst erschießen?“ „…“ Zweiter Wutausbruch unseres Guides.

 „Die Einfuhr von Lebensmitteln aller Art aus Pakistan ist verboten!“ „Wie sieht es mit chinesischen Konserven aus?“ „…auch nicht!“ „Ich denk` überhaupt nicht dran, wo anders müssen die Menschen verhungern…dann muss ich jetzt eben kochen!“ Es folgt eine provokatorische Kaffeepause, um die Milchreste von Roman, einem Reisenden aus der Schweiz aufzubrauchen. Wir ignorieren den „Befehl“ und profitieren wahrscheinlich davon, dass die Nachbarn eine Plastiktüte mit Tomaten, Gurken und Kartoffeln heraus geben.

Anschließend werden wir ins Hauptgebäude beordert, wo jeder am Eingang durch den Metalldetektor muss. „Verzeihung, ich kann hier nicht rein, weil ich schwanger bin und die Strahlung schlecht für das Baby ist.“ „Das geht schon!“ „Nein, das geht gar nicht!“ Irgendwoher ein Kopfnicken und ich darf mit Gaia an der Hand links herum gehen, wo ein Metallgestell großzügigerweise verschoben wird.

Dann sind wir drin. Am Schalter vor uns diskutiert die andere deutsche Familie aufgeregt über eine an Ort und Stelle und umgehend, kostenlos angebotene Polio-Schluckimpfung…das steht uns also auch noch bevor…aus einem Eck kommen Eva und Jens aufgewühlt auf uns zugelaufen und erzählen, dass ihr Visa aufgrund eines Ausstellungsfehlers von Seiten der Behörde geändert werden muss und man das ihnen in Rechnung stellen will.

Das belgische Pärchen diskutiert an wieder einem anderen Schalter darüber, dass einer ihrer Pässe optisch etwas in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die kleineren Kinder versuchen in der Zwischenzeit über die frisch gebohnerten Fliesen zu rutschen. Das Gute ist, wir sind heute Morgen die einzigen „Kunden“ und womöglich auch für die nächsten Tage, denn nur ca. 800 Passanten überqueren jedes Jahr diesen Grenzübergang. Genau aus diesem Grund läuft aber auch ein übereifriger Fotograf im ganzen Durcheinander auf und ab, um der Obrigkeit in Bildern darzulegen, dass sich das nigelnagelneue Gebäude samt Hightech-Ausrüstung an diesem Ort rentiert. Ich warte darauf, dass er versucht auch von uns ungefragte Aufnahmen einzufangen; dann glaub ich fress ich ihn!

 Doch langsam aber sicher neigt sich unser aller Antriebsenergie dem Ende entgegen, als es heißt, jeder solle sein Reisegepäck aus dem Fahrzeug holen und vorführen…hmmm, ein Ding der Unmöglichkeit, aber hier reisen im Normalfall aber eben nicht nur Overlander ein, sondern auch Menschen mit Handgepäck. Ein kurzer Aufruhr, ein erneuter Wutausbruch unseres Guides und schon machen sich die ersten auf den Weg, um ihre Dreckwäschesäcke zu holen…ähm, ich fühle mich etwas entblößt, noch dazumal einer richtig zum Wühlen beginnt…(Kicher)

 „Die Nicht-Fahrer verlassen das Gebäude durch den Hinterausgang!“ Alle strömen durch den Hauptausgang zu den Fahrzeugen. Warten…dann die Ankündigung, wir müssten diese Nacht aus Registrierungsgründen alle in einem Hotel residieren. Erneuter Tumult. „Wir schlafen immer im Auto! Das ist uns zu teuer! Niemals, dann bleiben wir hier!“ Wutausbruch Guide.

Doch einige Minuten später können wir zum alten Zollhof weiter fahren, wo man sehen will, was man für uns tun kann. Theoretisch hat der Zoll nämlich bereits geschlossen und solange die Fahrzeuge nicht der Inspektion unterzogen worden sind, dürfen sie offiziellen Grund und Boden nicht verlassen, weswegen wir im Hotel einquartiert werden sollen, weil wir keine Befugnis hätten auf eben jenem Grund und noch dazu in unseren „Rollenden Unterkünften“ zu verbleiben.

Konvoi China

Warten…ich lege mich kurz hin und werde bald darauf von einem erneutem Schreikrampf des Guides aus dem Schlaf gerissen. Nun reicht`s endlich auch Wolfgang, der bis zu diesem Moment noch versucht hatte, ein freundliches Verhältnis zu „Ali„ aufzubauen. „So funktioniert die Kommunikation zwischen uns nicht!“ Er wendet sich direkt an die Beamten.

Hin und Her.

 Eine halbe Stunde später fahren wir, nach einer kurzen Motoren- und Fahrgestellnummerkontrolle und ohne weitere Innenraum-Inspektionen mit den vollständig ausgefüllten Einreisepapieren offiziell und geschlossen im Konvoi auf den nächsten Hotelparkplatz, wo wir gegen Bares doch noch „zu Hause“ schlafen „dürfen“.

 Und dann endlich, es ist schon stockfinster, nach einem der längsten Tage dieser Reise können wir uns im nächsten Restaurant an den inzwischen bekannten und Wert geschätzten Drehscheiben mit frisch zubereiteten, chinesischen Leckereien belohnen.

„Niii Haaauuuu!“ –sag ich da bloß       

 

            

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