„Die Welt beginnt gleich hinter`m nächsten Dorf“, schreibt Andreas Altmann in seiner Gebrauchsanleitung für die Welt; wir, da wir im und um`s Dorf herum groß geworden sind, bzw. die vergangenen Monate auf dem Lande gelebt haben, würden sagen die Welt beginnt gleich hinter der nächstgrößeren Stadt und wenn schon nicht dort, dann spätestens im nächsten Bundesland. Was wissen wir schon über die Aussicht aus dem Wohnzimmerfenster von Herrn und Frau M. aus Zörbig in Thüringen, außer dem, was Quote bringt? Über ihre Traditionen und Träume? Welche Blumen blühen im Juni an der Ostsee? Welchen Käfern können die Kinder dort beim Krabbeln zusehen, auf welchen Gräsern lernen sie zu pfeifen? Wie gastfreundlich sind „die Deutschen“ eigentlich und wie hilfsbereit? Findet man gutes Quellwasser hierzulande nur noch teuer im Bioladen, oder auch frisch und für jedermann zugänglich aus dem Schoß von Mutter Natur? Wie „frei“ reist es sich über die Landstraßen der Republik, vorbei am Fichtelgebirge und der Mecklenburger Seenplatte, entlang von Weißer Elster, Elbe und Havel? Was eint uns anno 2014 mit geschätzten 82 Millionen anderen Bundesbürgern? 82 Millionen Lebenswege. 82 Millionen Meinungen. 82 Millionen Ängste, Hoffnungen, Perspektiven. Eine gemeinsame Sprache…sicher, meist. Aber reicht das aus um einander zu verstehen?

Eigentlich wollten wir einmal weit weg von dem, was wir als typisch deutsch definierten. Das heimatliche Korsett in all seiner Pracht passte uns irgendwann nicht mehr. Immer schön im Kreis drehen, nur die richtigen Fragen stellen, Klappe auf und Schlucken, Alles im Überfluss und so was von günstig, kein Platz für Müßiggang, für Muße, kreative Entfaltung, ein Leben im Überfluss, aber Tick Tack Tick Tack, „ich muss mal schnell noch…“ -in der Schublade wurde es eng. Also zogen wir aus und los um irgendwo hinter`m Horizont das Glück zu suchen und hatten es im selben Atemzug gefunden, ohne es gleich zu bemerken.
Aus 30.000 Kilometern räumlicher und 1 Jahr zeitlicher Entfernung betrachtet sahen die Dinge dann schon wieder etwas anders aus. Zwischendurch hätten wir uns eine Pause vom Exotsein gewünscht. Welch ein verführerischer Gedanke; Untertauchen in der grauen Masse, als grauer Schatten, mit gewohnten Strukturen verschmelzen, Durchschnaufen. Wir, die wir uns nie so wirklich anpassen wollten, mussten es unterwegs um so mehr tun. Gesellschaftliche Regeln und Gesetze achten, nicht nur um „durch zu kommen“, sondern auch um sich verständigen zu können, um dazu zu lernen, sich auszutauschen, selbst Akzeptanz zu erfahren. Gereist aber auch in der eigenen kleinen „Blase“, als unsere eigene kleine Subkultur. Auf Zeit, immer ein Teil des unmittelbaren Geschehens, weil mittendrin, immer kein Teil davon und parallel gelebt. Dennoch waren wir von hier aus betrachtet klar eins mit all unseren Mitmenschen, die ihr Land, ihr Wasser, ihre Wiesen und Wälder, Strände und Seen, Berge und Täler, Straßen, Städte und Häuser mit uns teilten, die uns ihre Zeit, ihre Neugier und nicht selten ihr Lächeln schenkten. Wie oft die Frage: “Where are you from?“ („From Nowhere!“) Wie oft antworteten wir monoton: „From Germany.“, bis es irgendwann so hohl und unvorstellbar klang, dass wir nach einiger Zeit zu: „From Europe.“ übergingen. Als wir in Südostasien zum ersten Mal wieder auf Franzosen, Tschechen, Schweizer, Italiener trafen, fühlte es sich schließlich richtig und gut an. „Ja, wir sind Europäer!“ „And which country?“ „…“
Genauso wenig, wie sich manch ein Fragender nicht vorstellen konnte, dass gerade wir wirklich Deutsche sein sollten, genauso wenig konnten wir uns mit den Klischees identifizieren, die einem als Deutschen im Ausland angelastet werden. Schon seltsam…und irgendwann beginnt man sich zu fragen was man denn eigentlich so weiß über die Nation, die in dicken goldenen Lettern ganz vorn auf dem Reisepass steht, den man sich nachts unters Kopfkissen gelegt hatte.
Nicht viel – Aber das lässt sich glücklicherweise ändern!

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