Von Atemnot, Waldmenschen, Kraterseen, Flughunden und dem Anfang vom Ende
Erwischt!
Leider gibt es seit geraumer Zeit keine Fährverbindung für Fahrzeuge mehr von der Malayischen Halbinsel nach Indonesien. Angeblich wurden sie aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen den beiden Ländern aufgelöst…
Weil wir uns aber einen Ausflug auf das nächstgelegene Archipel nicht entgehen lassen wollen, steigen wir kurzerhand auf ein anderes Transportmittel um und verabschieden uns Richtung Wolken.

Nach einem 45 minütigen Flug, Gaia`s erstem, wohlgemerkt (Kommentar als die Maschine abhebt: “Mama, die Sonne geht auf!“), lichtet sich der Nebelschleier über Medan, der Hauptstadt Sumatras und die Sicht auf Felder und Plantagen wird frei. Ich verrenke mich auf meinem Sitz, um auch ganz weit schauen zu können, doch die erhoffte Aussicht auf saftig grünen Dschungel bleibt uns zumindest momentan noch verwehrt. Fast tritt Enttäuschung ein, doch das Kribbeln in der Magengrube, das Abenteuer verheißt, obsiegt.

Nach geglückter Landung erwartet uns am Einreiseschalter eine Überraschung. Bis hierher waren wir dem „Großen Bruder“ noch entglitten, konnten noch mit stolz geschwellter Brust verkünden: „Nein, wir mussten unsere Fingerspitzen noch nicht in blaue Tinte tunken und wurden in die Kartei der potentiell Verdächtigen aufgenommen. Bis hierher und nicht weiter. Das Potential eines uns alle vereinenden Welt-Überwachungssystems (anscheinend das Einzige, das es Wert war die kommunistische Ära zu überleben) wurde also selbst in den letzten Winkeln dieser Erde erkannt und bevor irgendwer „Muh“, oder „Mäh“ machen konnte zur Notwendigkeit erhoben. Zum Schutz vor Terroristen, versteht sich! Und so profan wie in unserer Vorstellung mit Tinte und Abrollen vollzieht sich das Ganze nicht einmal mehr in einem Schwellenland. Selbst wenn für neue Straßen kein Geld zur Verfügung steht, für modernste High-Tech-Fingerabdruck-Lese-und-Speicher-Gerätschaft wird der letzte Schekel aus dem Staatssäckel genommen. Na danke, was für ein Empfang! Auch die Ausrede, ich hätte gerade keine Hand frei, weil ich mein schlafendes Kind trüge, zieht nicht. Der Polizeibeamte vor mir zieht eine Augenbraue hoch um mir seine Verachtung entgegen zu schleudern und sagt schnippisch: „Gib`s deinem Mann!“ Bevor ich mich noch nach den voll vermummten Damen zu meiner Rechten erkundigen kann, die ihre behandschuhten Fingerspitzen nicht entblößen müssen, habe ich meine Hand schon zum Wohle aller auf die kleine quadratische Glasscheibe gelegt und ein Lichtstrahl erfasst meine Identität.
Medan – Kein Pflaster für schwache Lungen!
Als wir das Flughafengebäude voll beladen verlassen, erwarten uns beißender Abgasgeruch und Großstadtgetöse. Hat man`s eilig kann man sich sofort von einem der aufdringlichen Taxifahrer über den Tisch ziehen lassen und in eines der zahlreichen Hotels verfrachten lassen. Wir haben`s nicht eilig, denn wir wollen in Erfahrung bringen, ob es möglich ist einen einigermaßen günstigen Mietwagen gleich vor Ort aufzutreiben. Somit sitzen wir erst eine Stunde später in einem der Wagen und sind um ein paar hilfreiche Tipps aus der Touristen-informationsstelle reicher. „Lieber ein Auto mit Fahrer aufgrund katastrophaler Straßenverhältnisse ausleihen und Preise immer im Voraus besprechen…“
Für den Anfang tragen die ersten Eindrücke nicht gerade zur allgemeinen Erheiterung bei.
Das Kribbeln in der Magengegend hält an und sorgt für leichte Übelkeit.
Zwei Nächte verbringen wir in einem chinesischem Hotel (Wieso gibt es eigentlich in Deutschland kein China Town…?) bis Wolfgang und Mathias eine vertrauenserweckende Mietwagenagentur gefunden haben, zu fairen und sicheren Konditionen und vor allem OHNE Fahrer. Der Aufbruch naht.

Für die kommenden zwei Wochen haben wir unsre 7,5 Tonnen also gegen zarte 800 Kilogramm eingetauscht, doch selbst die mageren Ausmaße des Avanzas lassen sich nur äußerst beschwerlich durch den Horrorverkehr manövrieren. Die Anzahl der Spuren ist vor lauter Verkehrsaufkommen nicht auszumachen. Für all die Rikschas, Räder, Mopeds, Autos, Fußgänger, Bettler und Straßenverkäufer müssten es aber merklich mehr sein. Ein Gehweg wurde wahrscheinlich aus Kostengründen ganz weggelassen und die Würde des Fußgängers wie schon so oft mit Füßen getreten. Ich weiß nicht, wie viele Male ich zusammenzucke und Mathias, der als erster in den sauren Apfel beißt mit: “ Pass doch auf!“ nerve.
Die heiße Luft stinkt nach Feinstaub, den man sich abends, wenn man Glück hat und sauberes Wasser findet endlich vom Körper kratzen kann. Welcome to Indonesia!
Wüssten die Menschen um uns herum von den Vorkehrungen, die zur Bekämpfung von Abgaspartikeln in deutscher Luft getroffen worden sind, sie würden wohl in schallendes Gelächter ausbrechen. In dem Wissen jedoch, wie (fast) saubere Luft schmeckt, wünschen wir ihnen, dass man hier recht schnell eine vorhandene Marktlücke zu füllen weiß und zumindest modische Atemschutzmasken (gesehen in China) zum Kauf anbietet.
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