„Im Käfig der Löwen“
Nach 4 Tagen in der Hauptstadt ist der Stand der Visa-Angelegenheiten folgender:
Eine Absage der kasachischen Botschaft mit der Begründung, diese Woche seien bereits zu viele Bewilligungen erlassen worden und nun gäbe es „Probleme“…
Eine Zusage der Kirgisen mit Einladung zum Tee beim Konsul.
Fortlaufendes Ringen mit der chinesischen Bürokratie, weil das Einladungsschreiben der Reiseorganisation bezüglich unseres bevorstehenden Aufenthalts noch nicht korrigiert wurde und Logik bei den Behörden schwer anzubringen ist.
Es hilft also alles nichts, da müssen auch Gaia und ich uns auf den Weg in den „Käfig der Löwen“ machen, um die hart getrimmten Herzen niemals lächelnder Entscheidungsbefugter ein wenig zu erweichen.
Der Taxifahrer, zu dem wir ins kleine, Gas betriebene Fahrzeug einsteigen lässt sich jedenfalls schon Mal nicht erweichen uns preislich entgegen zu kommen und so können wir nur hoffen, dass der Tag besser wird. Das Pakistanische Wochenende steht vor der Tür (ab Freitag) und das bedeute, laut seiner Aussage, das Gas wird knapp, bzw. ist überhaupt nicht mehr verfügbar, was an den politischen Interessen des Nachbarn Iran liegen würde…
Wir nehmen das so hin und zahlen für gute 8 Kilometer umgerechnete 2 Euro, bis wir vor dem Zufahrtstor zum eingezäunten Verwaltungsdistrikt der ausländischen Obrigkeit stehen, wo ein forscher junger Polizist gerade mit seiner Kalaschnikow herum wedelt, als wäre sie ein Kinderspielzeug.
Wolfgang, der bereits zum dritten Mal hier auftaucht, wird beim Eintreten vom Vorsteher mit Handschlag begrüßt und erst ein paar Schritte weiter, vor der nächsten Hürde, dem Metalldetektor (Frauen und Männer werden separat abgefertigt) kommt es zu ersten Komplikationen. Die junge Dame auf meiner Seite will nicht einsehen, dass man sich schwanger dieser Prozedur lieber nicht unterzieht. Die Wortfetzen fliegen hin und her und sie erweist sich als hartnäckiges Gegenüber. Erst nachdem ich den blickdichten Vorhang wieder beiseite reiße und mich anschicke zur Männerseite zu wechseln und dort weiter zu diskutieren, wird Anweisung zum Abschalten gegeben. Hähä! Dafür fällt das Abtasten (vollständig bekleidet!) dann aber umso genauer aus.
Wir betreten die Empfangshalle. Hier muss man zuerst Fahrscheine für den VIP-, oder Low-Budget-Shuttle-Bus zu den Botschaften erwerben, bevor es im Anschluss Gratis Wasser und Kaffee gibt. Irgendwie Bahnhofsstimmung, nur mit mehr „Sicherheitsgefühl“. Aber vielleicht hat sich ja auch das in der Zwischenzeit geändert.
Durch die nächste „Leibesvisitations-Kontrollschleuse“ geht es weiter zu den „billigen“ Plastikwarteplätzen und diesmal wird sogar Gaia gefilzt! Irgendwie könnten die Probleme, die man an Ort und Stelle hat auch anderer Natur sein, als nur terroristischer…
Schon 10 Minuten später trifft der Bus ein, wir werden aus dem Gitterkäfig in die Freiheit des Diplomatenareals entlassen und sogar höflichst in der Warteschlange nach vorn gebeten.
Weitere 10 Minuten später stehen wir vor dem Drehkreuz der chinesischen Botschaft, wo der nächste Kalaschnikow-Jongleur Wolfgang vorübergehend um seine Wasserflasche erleichtert.
Dann, der nächste Metalldetektor. Zum Glück ausgeschaltet (erspart Diskussionen) und umgehend befinden wir uns artig sitzend vorm Passschalter.
Die Art und Weise in der die chinesische Dame hinter`m Panzerglas mit den Bittstellern verfährt lässt sämtliche Hoffnungen auf Verständnis vorübergehend schwinden und auch die Nachrichten, die über einen riesigen Flachbild-Bildschirm flackern, noch mehr Soldaten, Gewehre und Hektik, reißen uns für den Moment aus unserer „Alles ist möglich“-Lethargie. (Aber der Platzwart vom Camping hätte uns sicher mitgeteilt, wenn die Welt gerade unterginge, oder…?)
Wir sind an der Reihe. Noch bevor Wolfgang den ersten Satz auspackt, spricht die Körpersprache der harten Dame Bände. („Auf dich hab` ich grad überhaupt keinen Bock!“) Es folgen Fragen nach diesen und jenen Papieren, die er aber wohl wissend im Voraus organisieren konnte und vorzeigen kann. Nur eben jene VERLÄNGERTE Einladung ist immer noch nicht per Email bei uns eingegangen und an das eventuell pochende Mutterherz scheinen wir vergeblich zu appellieren. Doch am Ende obsiegt unsere Penetranz und ein Kollege wird hinzugezogen, der nach einigem Hin und Her und mit einem Seitenblick auf Klein-Gaia ein Einsehen hat und zu wissen scheint, dass vor allem Kleinkinder einige Zeit benötigen, um sich körperlich auf veränderte Bedingungen in höheren Lagen anzupassen (Kunjerab-Pass über 4700 Meter).
Mit der Zusage über die gewünschte Visadauer von sieben Tagen und einem erleichterten Grinsen auf den Gesichtern über das erreichte Tagesziel, verlassen wir das Gebäude schließlich wieder, in das Wolfgang nun nur noch ein einziges Mal zurückkehren muss, um die Pässe Tags darauf wieder abzuholen.
In der Zeit, in der wir auf den „Männer-Frauen-getrennt-Low-Budget-Shuttle-Bus“ warten müssen, werfen wir noch einen Blick auf die bunten Fotografien neben dem Eingang, auf denen rote Laternen, lächelnde Menschen und bunte Drachen abgebildet sind, China, wie es leibt und lebt eben, atmen tief durch und freuen uns beinahe auf Runde drei!
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