MORPHEUSREISEN

auf der straße des lebens

Kategorie-Archiv: 2011/05 Malaysia

Familienbande III – 1000 Kilometer Malaysia

Von Wiedersehensfreude, Urwalddieben, Blasrohrschießen, Unterwasserwelten und Nachtschwärmern

KLIA Kuala Lumpur International Airport

Wiedersehensfreude

Über ein Jahr ist es nun her, dass wir Wolfgangs Eltern, Edeltraud und Berthold das letzte Mal in die Arme geschlossen hatten und sie mit Gaia, ihrem ersten und einzigen Enkelkind, in Griechenlands heißen Thermen baden waren. Immer mehr und mehr Asphalt hat uns seither räumlich voneinander getrennt und auch regelmäßige Telefonate können natürlich kein Ersatz für den gegenseitigen Austausch mit Blickkontakt, für Spielen und Toben, für gemeinsam Erfahrungen sammeln und für all das, wofür man Omas und Opas eben einfach gern hat, sein.

Da Deutschland zur Abwechslung gerade durch ein sommerliches Hoch verwöhnt wird, wollen die beiden, nachdem sich die gläserne Schiebetüre des Flughafengebäudes öffnet und sie aus der klimatisierten Scheinwelt in die feucht-heiße Wirklichkeit entlassen werden, nicht sofort wieder kehrt machen, sondern lassen sich auf 14 Tage Ausnahmezustand in Malaysia ein.

Nachdem das Gepäck mit jeder Menge Überraschungen für uns in Morpheus Bauch verstaut ist, dauert es nicht lange bis Gaia ihre anfängliche Scheu vergisst und sie Oma und Opa sehr gewissenhaft in „ihr“ Reich einführt. Auf der Fahrt nach Malakka, unserer ersten Anlaufstelle, verliert der Reiz des Unbekannten an Bedeutung und anstatt aus dem Fenster zu staunen, werden Püppchen vorgestellt, Bücher gelesen, gepuzzelt und sich wohl gefühlt.

Lesestunde

Malakka – Eine rote Stadt mit mittelalterlicher Kanalisation

Schnell wird in der ca. 80 Kilometer vom Flughafen entfernten Stadt, mit reicher Geschichte ein günstiges Zimmer gefunden und noch am selben Abend begeben wir uns auf kulinarische Entdeckungsreise. In einer der zahlreichen Nonya-Küchen, (das Wort Nonya bedeutet in der Sprache der Peranakan, den Nachkommen chinesischer Einwanderer „Frau“) wagt Edeltraud den Pilotversuch und bestellt zu allgemeinem Erstaunen Froschschenkel!

„…ein bisschen wie Hühnchen“.

Froschschenkel

Den folgenden Tag widmen wir der Besichtigung des historischen Altstadtkerns.

Bedingt durch ihre Lage an der Straße von Malakka, einer der wichtigsten Seehandelsrouten weltweit, hat sich an der Westküste Malaysias eine einzigartige, multikulturelle Gesellschaft entwickelt. Durch das Zusammenwirken der jeweils spezifischen Lebens- und Bauweisen von Chinesen, Indern, Engländern,… konnten altbewährte Traditionen bestehen, aber auch neue Identifikationsmerkmale entstanden. Nur die überirdisch verlaufenden Abwasserkanäle scheinen noch aus dem tiefsten Mittelalter zu stammen…

Graffiti

Rikscha

Multi Hut Probe

China Tempel

Kleines Museum

Abwasserkanal neben den Restaurants

„Die Urwalddiebe“ (Zitat Lorenz)

Auf dem Weg von West nach Ost, der an Milliarden von Ölpalmen vorbei führt, übernachten wir im Naherholungsgebiet von Keluang, wo Wanderwege vorbei an Frischwasserquellen und über Hängebrücken durch den Wald auf einen Bergkamm führen.

Familienfoto

Dieses Angebot scheinen die Anwohner chinesischer Abstammung sehr ernst zu nehmen, denn schon am nächsten Morgen weckt uns statt des Hahnenschreis noch vor Sonnenaufgang ein gellender Ausruf, der eine Masse von Menschen dazu animieren soll, sich für den bevorstehenden Aufstieg mittels Gymnastik aufzuwärmen. Erstaunlich, vom Kleinkind bis zum Greis ist der Lkw umgeben von übermotivierten, gut gelaunten Frühaufstehern, die Synchronsport betreiben und wir kriegen noch nicht mal die Lieder bewegt. Ganz zu schweigen von Gaia, die trotz der Geräuschkulisse nicht mal mit der Wimper zuckt…

Chinesen beim Morgensport

Nachdem wir die Einladung zur Teilnahme dankend ablehnen und unser Blut lieber durch eine Tasse wohlschmeckenden, deutschen Kaffee in Wallung bringen, setzen wir die Fahrt Richtung Mersing, an der Ostküste fort.

Die eintönige Plantagenlandschaft wechselt sich nur gelegentlich und kurzzeitig mit Wald ab und immer wieder kommen uns Mercedes Benz Kurzhauber entgegen, die schwer beladen mit dicken, alten Baumstämmen sind. Irgendwo scheint es also doch noch Urwald zum Roden zu geben (Was für ein Glück). Wären wir jetzt Deutsche und nicht Weltenbürger würden wir uns fast ein bisschen  schämen – hier helfen Fahrzeuge deutschen Fabrikats dabei den Regenwald abzuholzen und am anderen Ende der Welt leisten deutsche Motorsägen ganze Arbeit…obwohl, warum sollte man hier und dort auf Qualität verzichten?!

Kurzhauber in Aktion

Tioman – Unterwasserwelten

Am 14.Juni erreichen wir Air Papan, einen kleinen, verschlafenen Ferienort, am Südchinesischen Meer gelegen. Bevor wir auf ein Schnellboot umsteigen, das von Mersing aus die Insel Tioman anläuft, gönnen wir uns noch eine kurze Verschnaufpause, lauschen der Musik der Wellen und des Dschungels und lassen das Ambiente rund um die Hütten der Fischer und Kokosnussbauern auf uns wirken.

Liebespärchen

Kokusnuss Hinterhof

Die Überfahrt auf das ca. 50 Kilometer vom Festland entfernte Eiland 3 Tage später, dauert ganze 3 Stunden trotz Turbogangs und ich bin nicht die Einzige die leichenblass und sprachlos auf den „äußeren Rängen“ sitzt, um die schöne Aussicht zu genießen.

Erst an der letzten Haltestelle, der Salang-Bucht dürfen wir den schnittigen Kahn endlich verlassen und trauen unseren Augen kaum, als wir einen Blick über das Geländer des Piers werfen.

Nadelfisch

Korallen

Fantastisch

Nicht nur dass das uns umgebende Nass glasklar ist und in den leuchtensten Türkis- und Blautönen funkelt, in denen selbst die Sonnenstrahlen zu baden scheinen, nein, direkt vor unseren Zehenspitzen erblühen Korallen verschiedenster Formen und Farben, bunte Fischschwärme ziehen ihre Bahnen durch das Geäst und sogar ein kleiner Kalamaris, schwebt wie ein Wesen von einem anderen Stern an uns vorüber. Kaum zu glauben, wenn man den touristischen Andrang vor den Tauchschulen und Schnorchelverleihbuden am Strand betrachtet. Anscheinend haben sich Über- und Unterwasserbewohner hier miteinander arrangiert.

Symbiose

Zwar herrscht momentan wegen allgemeiner Ferienzeit reger Betrieb, doch auf den Wegen zwischen den nett angelegten Unterkünften und in den Lokalen mit Wohlfühlgarantie versickert der Menschenstrom und beim Smalltalk mit den Einheimischen stellt sich ganz schnell insulanische Entspanntheit ein.

Tioman

Heimische Atmosphäre

Ein Traum

Natürlich wollen auch wir es uns bei einer solch einmaligen Gelegenheit, inklusive vertrauensvoller Kinderbetreuung nicht nehmen lassen, der Verlockung der Tiefe nachzugeben und stürzen uns in der Nähe der „Pulai Tulai“, der Koralleninsel mit Schwimmweste, Taucherbrille und Schnorchel in die Fluten.

Schnorchelausrüstung

Mittendrinn

Bunte Fischwelt

Nie hätte ich gedacht, dass das Eintauchen in diese andere Welt mit all ihren schillernden Schätzen, ihren beeindruckenden Bewohnern und das Gefühl des Schwebens so berauschend sein könnten, dass uralte, uns innewohnende Ängste vor den „Monstern“ aus dem Ozean in Vergessenheit geraten würden. …und wir waren „bloß“ schnorcheln!

Tasik Chini – Blasrohrschießen für Anfänger

Doch schon ist der wunderbare Ausflug wieder Geschichte, obwohl uns der Zauber dieses Augenblicks wohl noch eine Weile begleiten wird und wir machen uns gemeinsam mit Berthold und Edeltraud wieder auf die Fahrt zum Festland und anschließend in Richtung Kuantan weiter nördlich.

Mittlerweile gehören unsere Besucher ganz selbstverständlich zu Gaias Kosmos und sie weigert sich entschieden mit uns im Führerhaus Platz zu nehmen, wenn sie doch hinten bei Oma und Opa mitfahren kann, die nicht abgelenkt sind vom Karten lesen, oder lenken, sondern ihre ganze Aufmerksamkeit ausschließlich ihr widmen. Daran, dass wir mal wieder nur zu zweit sind, müssen wir uns erst einmal gewöhnen und als sie dann auch noch meint, sie würde lieber bei den beiden im Hotelzimmer übernachten, muss ich glatt mal tief durchatmen…wer hätte das gedacht, doch nicht entfremdet, aber bei so viel Engagement auch kein Wunder!

Vor unserer Ankunft am Chini-See legen wir noch einen kleinen Stopp zur Mangrovenwaldexkursion ein und treffen in Pekan wieder auf unseren Reisegefährten Mathias. Die Landschaft wird weiterhin von Palmwedeln dominiert, aus denen ab und an ein Affe blinzelt und erst kurz vor dem nächsten Ziel ändern sich die Ansichten.

Manggroven

Gute Strassen durch Palmölplantagen

Tasik Chini

Auf einer Bootstour über die zwölf Seen des Tasik Chini, die durch überwucherte Kanäle miteinander verbunden sind, können wir uns ein Bild von der hiesigen Flora und Fauna machen und messen uns in einem Dorf der Jakun, einem Orang-Asli-Volk (ursprünglicher Mensch) im Blasrohrschießen.

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Kuala Lumpur – Die Batu-Höhlen

Den Weg zurück Richtung Hauptstadt legen wir von Kuantan aus innerhalb eines heißen Tages zurück. Zum Abkühlen und vielleicht auch ein wenig aufgrund maskuliner Spiellust folgt ein kurzer Abstecher in die Genting Highlands. Hier hat man dem vergnügungs- süchtigem Volk einen babylonischen Tempel errichtet. Auf 1700 Meter Höhe gelegen, wird den nichtmuslimischen! Besuchern hier eine ganze Palette attraktiver Verführungen geboten. Casinos, Nobelhotels, Vergnügungsparks mit Achterbahn, Luftschiffe, singende Gondolieri, Süßigkeitenläden, Dinosaurier, Superhelden, Luftballons, Boutiquen-da bleibt kein Auge trocken und uns die Spucke weg…

Genting Highland

Babylon

Alles in EINEM

Ein Schein ist schnell verspielt und schon stehen wir Tags darauf vor den 272 Stufen, die ins Heiligtum der indisch-malayischen Batu-Höhlen führen. Berühmtheit erlangte dieser spirituelle Platz aufgrund alljährlicher Pilgergänge im Rahmen des Thaipusam-Festes, mit bis zu 1 Mio. Besucher, bei denen sich die Anhänger der Gottheit Murugan zu dessen Ehren geißeln und unter Trance körperliche Leiden auf sich nehmen.

Also nimmt unsere kleine Reisegruppe zumindest den schweißtreibenden Aufstieg zur „Höhle des Lichts“ in Kauf, um die ihr einverleibten Heiligtümer in Augenschein zu nehmen. Ein bisschen müssen Berthold und Edeltraud dann auch noch über die kessen Affen, die manch einem Vorbeikommenden eine Kleinigkeit abluchsen schmunzeln-fast ein wenig zu viel von dem Indien, das sie vor einigen Jahren kennen lernen durften.

Umschmeichelt von den rhythmischen Trommelschlägen der Tabla und dem Dudeln der Pungi schließen wir uns den Reihen der Besucher mit überwiegend indischer Abstammung an und lassen uns treiben.

Murugan

Batu Höhle

Sadu

In der „Höhle der Dunkelheit“, wieder einige Stufen abwärts, wird es anschließend düster und noch interessanter. Um das einzigartige Ökosystem im Innern der Kalksteinfelsen zu bewahren, kann man das ca. 2 Kilometer lange Höhlensystem seit einigen Jahren nur noch mit Führer begehen. Das stört aber nicht weiter, denn unsere junge Begleiterin ist höchst  motiviert, spricht fließend Englisch und weiht uns in das ein oder andere Geheimnis der uns umgebenden, totalen Finsternis ein. Alles was hier kreucht und fleucht, Gliederspinnen, Kakerlaken, Würmer, blinde Grashüpfer,…existiert nur aufgrund der Tatsache, dass es über uns nur so von Fledermäusen wimmelt. Ohne deren Exkremente gäbe es hier nichts, außer Stalaktiten und Stalakniten. Ein Leben in völliger Symbiose also, ohne den „Guano“ der einen Spezies gäbe es keine Insekten und ohne die Insekten hätten zumindest die Fleisch fressenden Exemplare darunter keine Nahrung. Die meisten der vertretenen Arten sollen ausschließlich hier vorkommen…

Ausgang der Fledermäuse

Das ETWAS

Abschied

Langsam kommen wir dem Flughafen der Metropole wieder näher und der Kreis beginnt sich zu schließen. Doch bevor es heißt Abschied zu nehmen darf eine obligatorische Stippvisite des Stadtzentrums von KL mit Besichtigung der höchsten Zwillingstürme der Welt natürlich nicht fehlen. „Hinter“ dem berühmten Bauwerk des Mineralölkonzerns Petronas lassen wir die vergangenen, stürmischen Tage mit Blick auf  verspiegelte Wolkenkratzer und den Tanz von Wasserfontänen gemütlich ausklingen, denn noch in derselben Nacht startet der Flieger, der Wolfgangs Eltern wieder zurück nach Deutschland bringen wird.

Kuala Lumpur

Petronas Tower

Flower Power

Gisela, Gaia und ich erkunden derweil das Terrain, begutachten den Kinderspielplatz, gehen spazieren, schlendern über den Wochenendmarkt und staunen im Botanischen Garten von Tanah Rata über so viel exotische Blütenpracht.

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Ausgebremst!

Und weil gerade mal ein paar Minuten Zeit übrig bleiben, folgt Wolfgang Thomas Beispiel und demontiert den rechten Vorderreifen, um den Zustand des Lagers und der Bremse nach

40 000 gefahrenen Kilometern zu überprüfen.

Was dabei zum Vorschein kommt ist milde ausgedrückt erschreckend.Die Bremsbeläge sind bis auf die Nietköpfe abgenutzt und diese haben bereits tiefe Rillen in die Bremstrommeln gefräßt.

 

Bei einem solch geballten Aufgebot an interessanten Fahrzeugen bleibt unsere Anwesenheit nicht lange unentdeckt und schon stehen immer wieder schaulustige Gäste und damit verbundenen so manch informatives Gespräch auf dem Tagesplan (Amtssprache ist Englisch).

Und wie es das Schicksal so will, wird Mister Tang auf unser Problem aufmerksam, als er den Truck ohne vordere Schlappen im Vorbeifahren auf dem Parkplatz von Tanah Rata stehen sieht. Irgendwie scheinen wir positive Erinnerungen in ihm wach zu rufen, da er einige Jahre zuvor eine Rucksacktour durch Europa gewagt hatte. Der Mechaniker bietet Wolfgang an die Bremstrommeln mit in die nächst größere Stadt Ipoh zu nehmen und sie dort in einer Werkstatt abzugeben, wo sie um 2mm abgedreht werden.

Dieses Problem wäre somit aus der Welt geschafft, bleiben nur noch die Bremsbacken selbst… Trotz der Straßen voller 911er MB Kurzhauber hierzulande ist es nicht möglich passende Beläge für den 710er zu finden und Wolfgang bleibt nichts anderes übrig, als die benötigten Ersatzteile aus Deutschland zu ordern, wo es zu überteuerten Preisen noch genügend Altlagerbestände gibt.

Nun heißt es abwarten…zwei Tage dauert es bis das Paket von München nach Kuala Lumpur verfrachtet ist, wo es sich erst einmal in Luft auflöst…(trotz Konsultation einer Speditionsfirma!)

In der Zwischenzeit gibt es Unmengen an Gesprächsstoff mit Gisela und Lorenz auszutauschen, die sich solidarisieren und uns auf dem städtischen Teer Gesellschaft leisten. Gaia ist sofort Feuer und Flamme und das nicht nur wegen Giselas Kochkünsten, sondern auch und vor allem wegen ungeteilter Aufmerksamkeit!

Auch  Mathias Unimog braucht zum „ich weiß nicht mehr wie vieltem Male“ intensive Pflege. Seit China geben die Vorgelegelager keine Ruhe mehr und da er sich ebenfalls Ersatzteile aus Deutschland schicken lassen hat, bedeutet das für die Herren der Partie einen weiteren „Workshop“. Alle vier werden zerlegt und erneuert.

Vorgelege Unimog

(Bei offen gebliebenen Fragen zum Thema Reparaturen einfach eine Mail schreiben)

Glücklicherweise hat Wolfgang jedes Werkzeug dabei, das er braucht und wenn er vorher schon ein halber Lkw-Schrauber gewesen ist, dann ist er jetzt mindestens ein dreiviertelter!

Eine ganze Woche später trifft nach etlichen Telefonaten endlich ein heiß ersehntes, wertvolles Päckchen ein und schon am nächsten Tag sind wir mit der Hilfe unserer Freunde wieder abfahrbereit!

Auslandsversand

Bremsbeläge aufnieten

Vielen lieben Dank an alle Beteiligten!!!

Man at work